Aufruf der Solidarischen Provinz zu dezentralen Aktionen im Wendland und der Altmark am Samstag, den 23.01.2021
Bosnien, Lipa: In der Nähe der bosnisch-kroatischen Grenze, an der seit Jahren Schutzsuchenden immer wieder das Recht auf Asyl verweigert wird und illegale Pushbacks stattfinden, liegt das Camp Lipa. Knapp eintausend Menschen harren dort seit Wochen bei klirrender Kälte ohne fließend Wasser, Heizung und Strom aus. Nachdem das Lager Ende 2020 erst geräumt wurde und dann abgebrannt war, wurde eine Umsiedlung in eine andere dürftige Notunterkunft durch die zuständige Stadt Bihac verhindert.
42 Städte, Gemeinden und Kommunen haben allein in Niedersachsen erklärt, dass sie Platz haben, die Menschen aufzunehmen. Die Bundesregierung verweigert das und will sich stattdessen für eine „Verbesserung der Situation vor Ort“ einsetzen.
Wir erinnern uns: Im Frühjahr 2020 war die Lage im griechischen Camp Moria ähnlich unaushaltbar. Über 20 000 Menschen lebten auf engstem Raum, die grundlegende Versorgung war schlecht. Die hygienische Situation war schon ohne eine Pandemie unzumutbar. Auch hier war die Forderung klar: Evakuiert das Lager, es gibt Platz, Menschen unterzubringen.
Erst nachdem auch in Moria im Herbst ein Brand das Camp größtenteils zerstörte, willigte die Bundesregierung ein, gerade mal 150 minderjährige Geflüchtete aufzunehmen. In Lüchow gab es einen mehrtägigen Protest und die Forderung an den Landrat sich beim Innenminister für die Aufnahme von Geflüchteten nach Lüchow-Dannenberg einzusetzen – dies ist noch immer dringlich und wir wollen unsere Forderung erneuern. Nicht sterben lassen, sondern aktiv und menschlich handeln. Zum Weihnachten meldeten sich die Geflüchteten aus dem neuen Camp Moria 2.0 zur Wort und beschrieben, dass sie in Angst und Not leben und Spendengelder offensichtlich versickern. Alle Regierungen in Europa wissen um das Problem und tun nichts!
https://www.medico.de/moria-brief
Es ist zynisch, innerhalb der EU von Solidarität und Zusammenhalt in der Corona-Krise zu sprechen, während an den europäischen Außengrenzen systematisch Menschenrechte missachtet und Leute unter elenden Bedingungen in Notunterkünften festgehalten werden.
Doch wir müssen gar nicht weit schauen, um zu sehen, wie einfach das Recht auf Unversehrtheit ausgesetzt wird:
In Salzwedel hat das Ordnungsamt in der letzten Woche positiv getestete Bewohner*innen einer Unterkunft in Quarantäne gesteckt – zusammen mit Kontaktpersonen, die sich bis dato nicht nachweislich angesteckt hatten. Eine ältere Person aus der Unterkunft musste ins Krankenhaus gebraucht werden. Auf die völlig unzureichenden Möglichkeiten, sich in den Unterkünften vor Infektionen zu schützen, wurde von lokalen Initiativen seit Monaten hingewiesen. Trotzdem leben die Menschen noch immer in Mehrbettzimmern mit gemeinsamer Küchen- und Badnutzung, obwohl Hotels, Pensionen und Wohnungen leerstehen.
Lasst uns trotz und gerade wegen Corona öffentlich gegen die menschen-unwürdigen Zustände hier und überall und gegen die europäische Abschottungs-politik protestieren.
Wir fordern eine dezentrale Unterbringung und Infektionsschutz für alle.
Wir haben Platz, holt die Menschen da raus!
Im Hinblick auf den Lockdown und die aktuelle pandemische Situation rufen wir dazu auf am 23. Januar ab 11 Uhr alleine oder zu zweit kleine Mahnwachen abzuhalten, mit Transparenten, Redebeiträge und Infomaterial. Symbolisch können einzelne Zelte aufgebaut werden vor Supermärkten und Geschäften in Lüchow, Salzwedel, Dannenberg, Hitzacker, …
Wir werden unter zufluchtwendland.de die Audio-Beiträge zum Herunterladen zur Verfügung stellen, sodass ihr sie mit eigenen Abspielgeräten laufen lassen könnt.