#leaveNoOneBehind – 4. April 2020

Angesichts der sich weiter zuspitzenden humanitären und politischen Katastrophe an den EU- Außengrenzen ist es unverantwortlich nicht zu protestieren. Wir sind wütend, empört und entsetzt. In Zeiten einer Pandemie ist gelebte Solidarität so wichtig wie nie und es gibt aktuell viele schöne regionale Beispiele, wie die Nachbarschaftshilfe. Doch mit wem sind wir solidarisch? Solidarität muss überall und für alle gelten! Wir sind entsetzt, dass diese Solidarität abhängig ist von Staatsbürger*innenschaften oder gesellschaftlichem Status.

In den letzten Tagen wurden in Deutschland mehrere Massenunterkünfte von Geflüchteten unter Quarantäne gestellt, obwohl es offensichtlich genügend Ressourcen gibt diese Menschen dezentral unterzubringen. Tausende Menschen werden ohne hinreichende Versorgung in den überfüllten Lagern an der griechischen EU-Außengrenze sich selbst überlassen. Die EU versperrt sich weiterhin allen Appellen, die Lager zu räumen und die Menschen sicher zu evakuieren. Vielmehr wird verstärkt abgeriegelt. Die offensichtlichen Rechtsverletzungen gegen Geflüchtete dürfen nicht im Schatten von Corona stehen.
Deshalb haben heute über 60 Menschen in Lüchow, Dannenberg und Hitzacker ihre Meinung in die Öffentlichkeit getragen. In einer der Situation angepassten, mobilen Aktionsform wurde mit einem respektvollen Anstand zueinander grenzenlose Solidarität und die Wahrung der globalen Menschenrechte gefordert.

Erschreckend war der brutale und unverhältnismäßige Polizeieinsatz. Zu Ansammlungen kam es nur, weil zwei Polizeieinheiten auf der Langen Straße in Lüchow die Wege blockierten oder sich durch ihre unverhältnismäßigen Maßnahmen zuschauende Passant*innen sammelten. Sieben Polizist*innen umzingelten beispielsweise einen Radfahrer mit Kindern mitten auf der Straße und zwangen sie ihre Schilder abzunehmen. Ohne Vorwarnungen und Gespräche wurden Menschen sofort zur Personalienkontrolle gezwungen, durchsucht oder auch hart angefasst. Dabei wurde der Sicherheitsabstand von den Beamt*innen nicht eingehalten. Einer Person wurde gewaltig das T-Shirt vom Leib gerissen, weil auf diesem eine Meinungsäußerung vermerkt war. Immer wieder war es die Polizei, die Gruppenbildung betätigte. Auch hängende Transparente wurden entfernt mit der Begründung, dass diese auch Menschentrauben verursachen könnten. Ein Passant wies auf die Absurdität der Szenen hin: „Einkaufen, Eis essen und arbeiten gehen sind natürlich okay, aber eine politische Meinung zu äußern ist direkt kriminell“. Bei einer ähnlichen dezentralen Aktion vor zwei Wochen gab es überhaupt keine Probleme. Um sich gegen die eventuelle erfolgenden Anzeigen wegen einer Ordnungswidrigkeit zu wehren, sollten sich alle Betroffenen mit dem Ermittlungsausschuss in Verbindung setzen:
https://ea-wendland.blackblogs.org/

Mehr den je gilt es die Menschenrechte gegen Rassismus und Staatsgewalt zu verteidigen. Wir können diesem Wahnsinn nur mit einer Rückkehr zu grundlegenden Rechten, Offenheit und Aufnahmebereitschaft begegnen.

Solidarische Provinz