Stellungnahme der „Solidarischen Provinz Wendland/Altmark“ zum Vorhaben eine Sammelunterkunft in Lüchow-Dannenberg einzurichten.
Der einstimmige Beschluss des Kreistags vom 24.03.2022, die Kaserne in Neu Tramm kaufen zu wollen und dort eine Sammelunterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine einzurichten, wirkt zunächst engagiert, zeigt aber aus unserer Sicht, dass die Mitglieder des Kreistags zu wenig Ahnung von der Materie haben.
SAMMELUNTERKÜNFTE SIND KEINE LÖSUNG
Die Frauen und Kinder, die aus der Ukraine nach Deutschland kommen, bekommen nach §24 AufenthG einen Aufenthaltstitel. Damit können sie ihren Wohnraum im Landkreis zumindest theoretisch frei wählen. Eine Sammelunterkunft müssen sie eben, anders als Menschen im Asylverfahren, nicht bewohnen – ein wichtiger Grad an Freiheit und Selbstbestimmung. Es ist weder ökonomisch noch sozial sinnvoll für den Landkreis eine Sammelunterkunft zu errichten.
Vielmehr würde ausgerechnet unter dem Verweis auf den Schutz und die Nöte von „Waisenkindern“ eine Sammelunterkunft errichtet, die in der Summe nicht dazu führen würde, dass es Menschen gut ginge.
Wer Kontakt mit Geflüchteten hat, weiß, dass nicht alle Hilfe auch hilfreich ist. Alle bundesweiten Erfahrungen mit Sammelunterkünften widersprechen dem Ansinnen des Kreistags.
Sammelunterkünfte in einer pandemischen Lage zu eröffnen, ist obendrein besonders abwegig. Sie bedeuteten in der Realität für die dort untergebrachten Menschen häufig Stress, Übergriffe und Isolation.
„SICHERER HAFEN“ FÜR WEN?
Ein „sicherer Hafen“ werden zu wollen, hat der Kreistag in der Vergangenheit übrigens im Hinblick auf die Geflüchteten, die auf der Flucht im Mittelmeer sterben, abgelehnt. Jetzt mit diesem Label und Aufruf der Sozialen Bewegung „Seebrücke“ zu hantieren, empfinden wir als zynische Scheinheiligkeit. Aus unserer Sicht darf kein Unterschied zwischen Geflüchteten gemacht werden.
Zur Zeit leben viele Geflüchtete aus der Ukraine in Ferien- und Einliegerwohnungen. Es wurde und wird Platz in den Dörfern gemacht, ganz alltäglich, ganz selbstverständlich. Mitfahrgelegenheiten, Kleiderkammern, Übersetzungsapps und vieles mehr werden geteilt und nutzbar gemacht. Schulen und Kindergärten über den Landkreis verteilt, öffnen sich für die ankommenden Menschen. So kommen Menschen zusammen. Viele Menschen aus dem Wendland haben sich beim Landkreis gemeldet und Wohnraum angeboten.
WOHNRAUM FÜR ALLE STATT LAGER
Der Landkreis müsste sich nun auch an die Arbeit machen und sich dringend um sozialen Wohnungsbau, mehr Personal in den Ämtern (für Sozialhilfe, Aufenthaltstitel, uvm.) und Deutschkurse kümmern – hierzu wären Beschlüsse des Kreistags und finanzielle Mittel hilfreich. Zudem müssten Jobcenter und Sozialamt Kautionen für passende Wohnungen grundsätzlich vollständig übernehmen und der Mietspiegel dringend sozial-gerecht überarbeitet werden. Statt dieser wichtigen Maßnahmen beschließt der Kreistag aber ein Lager. Denn auch wenn es nicht so genannt werden soll, es ist ein Lager: Umzäunt, eine ehemalige Kaserne, weit ab von den sozialen Interaktionspunkten im Landkreis, an denen Kontakt bestehen könnte, fernab einer kritischen Öffentlichkeit. Diese Merkmale sind seit jeher problematisch – kein Wunder, dass dies ein ehemaliger Ort der Zwangsarbeit ist.
Die Kaserne zu kaufen und sie zu sozialem und schönen Wohnraum umzugestalten ist hingegen eine brauchbare Idee, die bereits Interessierte hätte, wie die Lokalzeitung berichtete. Die Kaserne ist schon lange in der Diskussion als Sammelunterkunft. Bisher hat die neue Landrätin die Einrichtung einer Sammelunterkunft abgelehnt, wir hoffen, dass dies aus guten Gründen weiter bestand hat. Statt struktureller Veränderungen sollen Menschen in einen exklusiven Raum verschoben werden, ein Raum der sich dann später nutzen lässt für Geflüchtete, die die deutsche Regierung ohnehin abschieben will. No Lager – sozialer Wohnungsbau jetzt!
Kommt am Donnerstag den 7. April zu unserer Kundgebung anlässlich der Kreistagssitzung!
Ort: vor der Aula, Schulweg 2, 29439 Lüchow
Zeit: 14 Uhr am Gymnasium Lüchow
Sitzungsbeginn ist um 14.30Uhr