Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe MitstreiterInnen!
Wir rufen alle Menschen im Wendland zur Kampagne „mit offenen Türen zusammen in eine lebenswerte Zukunft“ auf. Das Wendland fängt jetzt damit an, andere Regionen sollen gerne folgen.
Während der Kulturellen Landpartie werden bis zu 60.000 zusätzliche Menschen im Landkreis untergebracht. Da sollte es kein Problem sein, 10.000 Flüchtlinge dauerhaft hier aufzunehmen. Wir sehen hier ein konkretes Handlungsfeld von Mensch zu Mensch. Die (internationale) Politik versagt beim sogenannten Krisenmanagement auf ganzer Linie. Es ist an der Zeit, gemeinsam neue Wege zu beschreiten.
Täglich wächst der Strom der Menschen, die vor der hemmungslosen Gewalt Bewaffneter fliehen müssen. Afghanistan, Syrien, Irak – es zeigt sich, dass die Hoffnung der Menschen, bald wieder in ihre Dörfer und Städte zurück zu kehren, sich nicht erfüllt. im Gegenteil: Die Entfesselung der Gewalt erodiert die lokalen Gemeinschaften nachhaltig, zerstört neben Wohnungen, Häusern, Produktionsmitteln und Infrastruktur auch die gewachsene soziale Struktur. Fast schon zynisch angesichts dieser Apokalypse von Rückkehr zu sprechen. Dazu bräuchte es eine Zeitmaschine.
Vor ein paar Monaten beschloss Deutschland 10.000 Menschen aus Syrien auf zu nehmen. Viele Monate und mehreren Millionen weiterer Menschen auf der Flucht später erklärte sich die (deutsche) Regierung eines der reichsten Länder der Erde vor ein paar Tagen bereit, weitere 10.000 Menschen auf zu nehmen.
Dabei sind allein in der EJZ vom 18.Juni folgende Zahlen zu lesen: 1,2 Millionen Menschen im Irak sind auf der Flucht, 9,3 Millionen Syrer sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, die hunderttausenden Flüchtlinge aus Afghanistan, die zum Beispiel als illegale Flüchtlinge im Iran unter katastrophalen Umständen ohne jede Perspektive auf „Rückkehr“ ums Überleben kämpfen, werden schon lange nichtmehr erwähnt.
Notgedrungen finden Millionen Flüchtlinge aus den genannten Ländern Aufnahme in den umliegenden Ländern und Landstrichen. In schnell aufgebauten Zeltlagern leben die Menschen teilweise schon seit Jahren, kämpfen von den Aufnahmestaaten und der internationalen Staatengemeinschaft rudimentär unterstützt, um jeden Tag.
Deutschland gibt unterdessen gefühlt 10 mal so viel Geld dafür aus, zu verhindern, dass diese Menschen bis nach Deutschland kommen, wie die deutsche Regierung zur Unterstützung der Flüchtlingsarbeit der Vereinten Nationen zur Verfügung stellt. Die sogenannten Außengrenzen werden militärtechnisch hochgerüstet, die ganze Palette der gerühmten Ingenieurskunst wird aufgeboten, um verzweifelten Menschen den Zugang zur Abendlands-Union zu verwehren: Nachtsichtgeräte made in Wendland für die Patrouillen, Drohnen und Hubschrauber gegen barfüßig Fliehende, auf dem Meer lauern Hightech-Kriegsschiffe überfüllten Schlauchbooten auf, Stacheldraht wächst statt Getreide entlang den sogenannten Außengrenzen.
Wir wollen lieber mit diesem Geld die Gesellschaft hier entwickeln – zusammen mit den sogenannten Flüchtlingen.
Alle wissen, dass die unzähligen Menschen eigentlich keine Flüchtlinge sind – das sind ÄrztInnen, BäuernInnen, LehrerInnen, ArbeiterInnen, Kaufleute, KünstlerInnen, HandwerkerInnen und Computerfreaks. Ein dummer Zufall hat gemacht, dass Verrückte die Macht in ihrem Land an sich gerissen haben. Die meisten von ihnen sind nie gefragt worden, ob sie damit einverstanden sind, die Geschichte ließ ihnen vielleicht gerade genug Zeit, mit heiler Haut davon zu kommen.
Wir wollen nicht länger so tun, als wäre das eine andere Spezies – hier ist Platz – wir laden sie ein. Wir sind sicher, dass sie unsere Gesellschaft hier bereichern werden, wenn wir ihnen Platz bieten und Unterstützung beim Neuanfang.
Wir denken: der Landkreis Lüchow-Dannenberg könnte 10.000 Flüchtlinge locker aufnehmen. Immer mehr Häuser stehen leer, die sehr niedrigen Immobilienpreise dokumentieren ein dauerndes Überangebot – wir haben Platz hier. Der Landkreis stirbt aus, die jungen Erwachsenen ziehen weg, die hiesigen Betriebe suchen in Ermangelung lokalen Nachwuchses inzwischen international nach Auszubildenden. Wir brauchen Mit-Menschen.
Dabei bedeutet die wesentlich größere Zahl hier aufgenommener Menschen nicht automatisch wesentlich größere Probleme. Im Gegenteil – Schwierigkeiten die sich bei der Unterstützung der paar Flüchtlinge ergeben die zu Zeit hier aufgenommen werden, ließen sich viel besser organisieren. Beispiel – Wenn 10.000 Menschen im Wendland Deutsch lernen wollen kann in jedem fünften Dorf ein vollständiger Kursbetrieb aufgenommen werden. Eine Chance für Alleinerziehende studierte LehrerInnen, die mit kurzem Weg – wohnortnah – unterrichten könnten, oder auch für die vielen pensionierten PädagogInnen, neben der wohlverdienten Altersruhe eine sinnvolle Einbindung ins Gemeinwesen zu finden.
Und so einfach wie vielleicht bald ein paar von ihnen ohne Probleme einen Deutschen Pass bekommen, damit sie bei der nächsten WM mit den anderen internationalen Jungs für Deutschland kicken können, genauso einfach können die anderen – die ÄrztInnen , ArbeiterInnen und AnstreicherInnen, die BäuerInnen, Bürokaufleute und BotanikerInnen … – hier heimisch werden – wenn sie es denn wollen.
Geben wir ihnen und uns die Chance.
Damit der Anfang einfacher wird, kann Jeder und Jede gezielt Menschen einladen- z.B.:
- Landwirtsfamilie im Wendland nimmt gerne Landwirtsfamilie, die aus dem Krisengebiet fliehen muss, auf. Platz haben wir genug auf dem Hof und Arbeit gibt’s sowieso immer mehr als wir schaffen können.
- Elbvielharmonie nimmt gerne eine Künstlerfamilie auf und ist gespannt auf den direkten Austausch. Wir haben hier Platz genug, seit die Kinder weggezogen sind. Und die Schulen und die vielen Ersatzomas und –Opas in Hitzacker freuen sich auch über neue Kinder.
- Pensionierte Lehrerin nimmt gerne junge Familie mit Gartenbegeisterung auf. Die Ferienwohnung steht sowieso den Großteil des Jahres leer und ich freue mich darauf, wieder mit Kindern zusammen zu wohnen und auf die Unterstützung bei der Bewirtschaftung des großen Gartens.
- Junge Arztfamilie lädt eben solche aus dem Krisengebiet ein – das Nachbarhaus ist schon seit Jahren unbewohnt, der Besitzer überlässt es kostenlos zur Nutzung und und wir hoffen, dass uns die neuen NachbarInnen bald auch als KollegInnen unterstützen.
- Fahrgastrat Wendland möchte in einer alten Schule drei Familien unterbringen, bevorzugt mit Erfahrung im Berufsfeld Sammeltaxis. Wir unterstützen sie bei den ersten Schritten im noch unbekannten Gemeinwesen und möchten mit ihrer Unterstützung endlich einen konkreten Schritt machen in Richtung eines funktionierenden öffentlichen Nahverkehrs im Wendland.
Dieser Brief ist der Start der Kampagne „Mit offenen Türen in eine lebenswerte Zukunft“ und versteht sich auch als Gegenbewegung zu den immer lauter werdenden
nationalchauvinistischen Parolen.
Wir freuen uns auf ein neues Kapitel im Entwickeln des (wend)ländlichen Raumes. Wir schicken diesen Brief auch an Verantwortliche in Politik und Verwaltung und rufen Sie dazu auf, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um den Menschen den Weg hierher zu öffnen und unsere Kampagne zu unterstützen!
Verantwortlich im Sinne der Initialzündung: Hauke Stichling-Pehlke und Ursula Pehlke