Abschiebungen aus Salzwedel

In den vergangenen Wochen hat der Kreis Salzwedel mehrere Menschen abgeschoben. Während der Abschiebungen ging die Polizei mit Gewalt vor. Es kam zu Suizidversuchen. Die folgenden Beschreibungen enthalten Polizeigewalt, selbstverletzendes Verhalten und Rassismus. Die betroffenen Männer brauchen dringend finanzielle Unterstützung, um ihren Lebensunterhalt sichern zu können.

Bitte helft ihnen mit einer Spende an das folgende Konto mit dem Betreff „No Deportation“.

Konto: eXchange e.V.  Volksbank Uelzen-Salzwedel

IBAN: DE42 2586 2292 2531 9590 00  BIC: GENODEF1EUB

Stop Deportation. Ein Flugzeug startet. Im Hintergrund sind drei Hochhäuser.

Abschiebung eines afghanischen Mannes nach Griechenland
Freitag, den 11.08.2023, Gemeinschaftsunterkunft „Siedlung des Friedens“, Salzwedel

Polizeibeamte und eine Mitarbeiterin der Ausländerbehörde Salzwedel betraten um 4:30Uhr das Zimmer von A., einem Mann aus Afghanistan. Ihm wurde mitgeteilt, dass sie ihn am selben Tag nach Griechenland abschieben werden. A. wurde direkt sein Telefon abgenommen und er durfte im weiteren Verlauf des Tages nicht telefonieren. Er versuchte daraufhin aus dem Fenster des 3. Stocks zu springen, wurde aber daran gehindert.

Die Polizei hatte seinen afghanischen Pass, welchen er bei seiner Anhörung in Halberstadt abgegeben hatte und seine bereits abgelaufene griechische ID Card dabei. Er wurde nach Berlin zum Flughafen gebracht. Hier musste er 2,5 Stunden warten. Er wurde als Erster ins Flugzeug gebracht und hat nur den afghanischen Pass ausgehändigt bekommen. Die abgelaufene griechische ID Card nicht und auch keine weiteren Papiere. Die Polizei gab ihm 30€. In Athen angekommen kontrollierte ihn die Polizei. Sie suchten dann seine griechische Fallnummer heraus und stellten ihm ein Papier aus, dass er sich am Montag bei der Asylbehörde melden solle. Ansonsten gab es, wie für alle abgeschobenen Menschen in Griechenland, keinerlei Versorgung, keine Unterkunft und kein Geld. Diese Abschiebung erfolgte völlig unerwartet, da es aus Sachsen-Anhalt in letzter Zeit keine Abschiebungen nach Griechenland gab. Selbst die Gerichte gaben zu, dass in Griechenland elementarste Bedürfnisse nach Essen und Unterkunft nicht gedeckt würden. Hier ist die Willkür der Behörden wieder offensichtlich. In anderen Bundesländern hätte A. eine erneute Anerkennung als Flüchtling erhalten, in Sachsen-Anhalt wurde er nach so langer Zeit in Deutschland aus rassistischen Motiven abgeschoben. So wurde A., der in Griechenland als „Flüchtling“ anerkannt ist, in die Obdachlosigkeit abgeschoben.

Festnahme eines syrischen Mannes im Büro der Ausländerbehörde Salzwedel
Abschiebeversuch am Dienstag, den 25.07.2023 nach Rumänien.

M. ist seit März 2020 in Deutschland. Er hat am 07.03.2020 einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Am 17.06.2020 ist dieser als unzulässig abgelehnt worden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) begründete die Entscheidung damit, dass M. in Rumänien als syrischer Flüchtling anerkannt sei. Für den damals 19 jährigen M war die Zeit in Rumänien die schlimmste und hoffnungsloseste Zeit mit vielen Gewalterfahrungen, die er bis jetzt nicht verarbeitet hat. In Rumänien sind die Lebensbedingungen für Flüchtlinge sehr schlecht. M., hatte dort keine Chance auf Bildung, Arbeit oder ein persönliches Netzwerk. In Deutschland konnte sich M. mit Unterstützung seines Bruders, der inzwischen deutscher Staatsbürger ist, ein neues Leben aufbauen. M. hat in Hamburg von September 2021 bis Januar 2023 gearbeitet. Er lernte Deutsch und möchte seine B2-Sprachtest abschließen. Damit hätte er eine Aussicht auf einen Ausbildungsplatz. Im Januar wurde ihm dann seine Arbeitserlaubnis entzogen und er bekam eine Duldung. M. ist deshalb arbeitslos geworden und die Arbeitsagentur und das Sozialamt haben sich die Zuständigkeit hin und her geschoben.

Festnahme in einem Büro der Ausländerbehörde in Salzwedel

Am 25.06.2023 musste M. einen Termin in der Ausländerbehörde des Altmarkkreises Salzwedel wahrnehmen, um seine Duldung für weitere 4 Wochen verlängern zu lassen. Er kam um 9:30 Uhr zu seinem vereinbarten Termin in die Ausländerbehörde nach Salzwedel. Im Büro seiner zuständigen Sachbearbeiterin erwarteten M. dann auf einmal 5-6 Polizeibeamt*innen. Die Sachbearbeiterin fragte ihn als Erstes, ob er schon Deutsch gelernt habe, woraufhin M. „ja“ erwiderte. Die Mitarbeiterin sagte ihm daraufhin, dass er ja dann in Rumänien deutsch reden könne. Zwei potentielle Arbeitsverträge, die M. zu diesem Termin mitgebracht hat, wurden von der Sachbearbeiterin entgegengenommen, woraufhin sie meinte, dass er gehen solle und in Rumänien arbeiten kann. Dann wurde er von den Polizisten durchsucht und seine Sachen wurden ihm weggenommen (alle seine Papiere und sein Handy). Währenddessen wurde M. weiter gedemütigt. Die Polizist*innen haben ihn durch das Treppenhaus und eine Seitentür zum Polizeiwagen gebracht. M. sagte, dass er sein Handy zurück bräuchte, um seinen Anwalt zu kontaktieren. Die Polizist*innen weigerten sich allerdings, es ihm dafür zu geben. Auf dem Parkplatz der Ausländerbehörde musste er dann ca. fünf Stunden im Polizeiauto verbringen. Eine Polizistin und zwei Polizisten bewachten ihn. Er bekam mit, wie sie sich abfällig über ihn äußerten. Die Polizist*innen haben sich ein Mittagsessen bestellt, während M. weder zu essen noch zu trinken erhalten hat.

Abschiebegewahrsam in Hamburg

Gegen 15 Uhr wurde M. nach Hamburg zum Flughafen gebracht und der dortigen Polizei übergeben. Dort schlossen sie ihn für weitere zwei Stunden zum Warten ein. Er war alleine im Raum und vor der Tür bewachten ihn drei Beamte. Die diensthabenden Beamten dort haben ihm dann einen Anruf gewährt. Um 17.20 Uhr hat er seinen Bruder angerufen und ihm mitgeteilt, dass er mit einem Flieger um 18Uhr abgeschoben werden soll.

Gewaltvoller Abschiebeversuch

Die Polizisten brachten M. mit dem Auto auf das Rollfeld vom Flughafen. Sie sagten ihm, dass er aussteigen und ins Flugzeug gehen müsse. Immer wenn ein Flugzeug abgehoben ist, sagten die Polizisten M., dass er auch gleich dran ist. Vor der Schleuse zum Flugzeug teilte M. gegenüber den Polizisten mit, dass er nicht weiter geht und nicht in das Flugzeug einsteigen wird, um abgeschoben zu werden. Vier Polizisten drückten ihn daraufhin zu Boden und haben ihn mit Handschellen gefesselt. Sein Rücken und seine Brust schmerzten und er hatte Probleme Luft zu holen, nachdem sich die vier Polizisten auf ihn geworfen hatten. M. wurde vom Rollfeld weggebracht und wieder in einem Raum am Flughafen eingeschlossen. Um ungefähr 21 Uhr verließ M. den Flughafen. Er bekam dann ein Papier auf Arabisch vorgelegt auf dem stand, dass er Widerstand geleistet habe. Er bekam seine Duldung und seine Krankenversicherungskarte nicht zurück.

Weitere Schikanen und Suizidversuch

Zwei Tage später ging der Bruder von M. nach Salzwedel und fragte in der Ausländerbehörde nach der Krankenkassenkarte und der Duldung von M. Beides sei nicht dort, sagte man ihm. Die Sachbearbeiterin verweigerte allerdings auch eine Ausstellung einer Duldung. Das hatte zur Folge, dass M. keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung (Arbeitslosengeld I) hat. M. hat von der zuständigen Sachbearbeiterin einen weiteren Termin nach zwei Tagen, also am 01.08.2023 bekommen. In großer Angst vor einem erneuten und diesmal endgültigen „Abschiebungsversuch“ in ein Land, wo es keinerlei Hoffnung für ihn gibt, hat M. am Vorabend versucht, sich das Leben zu nehmen. Er ist nun in Behandlung.

 

Wir fordern, die Abschiebung von M. sofort zu stoppen und A. zurück nach Deutschland zu bringen.

So darf mit Menschen nicht umgegangen werden!!

Wir alle sind gefordert, unsere Augen nicht zu verschließen.

Wir fordern den Altmarkkeis Salzwedel auf, solche unsinnigen und menschenunwürdigen Abschiebungen zu unterlassen.

Außerdem fordern wir den Altmarkkreis zur Stellungnahme auf. Es muss eine öffentliche Aufklärung über dieses rassistische und gewaltvolle Vorgehen geben.

Wir fordern den Landkreis auf, dafür Sorge zu tragen, dass Würde und grundlegende Rechte für alle Menschen gelten. Rassistische Äußerungen bei Behördenmitarbeiter*innen und Polizist*innen sollen geahndet werden.

Menschen, die Hilfe suchen, Vertreibung und Flucht hinter sich haben, müssen geschützt werden und eine Chance auf Asyl und so ein Bleiberecht erhalten.